„Zug fällt aus!“ „Kein Zugverkehr!“ „Bahnstreik!“
Diese oder ähnliche Ansagen oder Tafeln haben Sie sicher schon einmal im Bahnhof gehört oder gelesen. Meistens ärgern sich Fahrgäste über diese Einschränkungen, denn sie bedeuten, dass sie zu spät zur Arbeit kommen, auf der Urlaubsreise festsitzen oder Besuche absagen müssen.
Grund für die ausfallenden Züge ist dabei meistens ein Streik. Dieser ist nach Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz erlaubt, sofern der Streik von einer Gewerkschaft organisiert ist. Gewerkschaften sind für viele Berufe relevant, zum Beispiel für Ärzte, Piloten und auch Lokführer. Bevor es zu einem Streik kommt, wird der bestehende Tarifvertrag gekündigt und Verhandlungen aufgenommen. Kann sich die Gewerkschaft der Berufsgruppe nicht mit den Führungspersonen einigen, kann die Gewerkschaft zum Streik aufrufen. Die erste Stufe ist in den meisten Fällen ein Warnstreik bevor ein unbefristeter Streik folgt. Während die Gewerkschaftsmitglieder streiken, verhandeln die zuständigen Personen weiter und das Ergebnis der Gespräche wird später zur Abstimmung gestellt.
Für die Zugführer gibt es zwei verschiedene Gewerkschaften: Einmal die kleinere Gewerkschaft deutscher Lokführer (GDL) mit rund 37.000 Mitgliedern. Zum anderen können Arbeitnehmer in der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) organisiert sein, die rund 184.000 Mitglieder zählt (Stand 2021). Im Zusammenhang mit dem Bestreiken der Züge fällt immer wieder der Ausdruck „Machtkampf“. Damit diese Möglichkeit ausgeschlossen wird, wurde in Deutschland 2015 das Tarifeinheitsgesetz verabschiedet. Dieses besagt, wenn mehrere Gewerkschaften in einem Betrieb die gleiche Berufsgruppe vertreten, gilt der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern. Aus diesem Grund sind die Mitgliederzahlen der beiden Gewerkschaften nicht zu vernachlässigen. Das Tarifeinheitsgesetz steht in diesen Situationen häufig zur Debatte. Der Rechtswissenschaftler Gregor Thüsig von der Universität Bonn sagt dazu: „Das Tarifeinheitsgesetz provoziert solche Arbeitskämpfe nicht, aber es verhindert diese Arbeitskämpfe eben auch nicht“.
Zum aktuellen Streik im Sommer 2021 ist es gekommen, weil die GDL ihre Forderungen gegenüber der Deutschen Bahn durchsetzen möchte. Sehr lange wurden verschiedene Möglichkeiten besprochen. Am 16. September einigten sich die beiden Konfliktparteien dann auf folgendes:
- Lohnerhöhungen von 3,3 Prozent in zwei Stufen
- zwei Corona-Prämien von 300 bis 600 Euro und nochmals 400 Euro
- Laufzeit von 32 Monaten
- eine garantierte Betriebsrente für alle, die bis 31. Dezember 2021 eingestellt wurden
Bis eine Einigung erreicht wurde, kam es zu weiteren Streiks. Diese betrafen nicht nur den Personenverkehr, der sehr oft in der Berichterstattung in den Vordergrund gestellt wird, sondern auch den Güterverkehr. Somit hatte der Streik auch Auswirkungen auf die deutsche und europäische Industrie, wenn Lieferketten unterbrochen werden. Bei allem Frust und Ärger über die Bahnstreiks sollte auch nicht vergessen werden, dass es für Zugpersonal wichtig ist, dass sich Gewerkschaften für ihre Rechte einsetzen. Einen optimalen Tag zum Streik, der weder für den Personen- noch für den Güterverkehr ohne Einschränkungen abläuft, wird es nicht geben.